Wir haben uns am 31.August 2014 in Erftstadt getroffen. Wir sind alle gut ausgeschlafen erschienen, denn heute steht ziemlich viel Theorie auf dem „Speiseplan“. Der Vortrag von Hubert handelt von „Arten/Unterarten/Variationen“. Fotos gibt’s dazu keine, deshalb möchte ich den Inhalt einmal kurz zusammenfassen. Wir haben folgendes gelernt:

Es hat viele Jahrhunderte gedauert, bis die heutige Klassifizierung (Unterart, Art, Gattung, Familie…) zustande gekommen ist. Eine der wichtigsten Erkenntnisse lieferte uns Darwin 1895 mit seiner Evolutionstheorie.

Im Laufe der Zeit nahm die Fülle der gesammelten und beschriebenen Lebewesen enorm zu, was dazu führte, dass immer mehr innerartliche Unterschiede zu Tage traten.  Man erkannte, dass geographische Variationen etwas völlig anderes sind als das was bislang als Varietäten bezeichnet wurde. Jedes Individuum ist von allen anderen Individuen verschieden. Es gibt keine „typischen“ Individuen. Somit ist eine Zusammenfassung von Individuen zu einer höheren Gruppe immer subjektiv. Der Botaniker Bessey (1908) sagt: „Die Natur produziert Individuen und nichts weiter. Arten sind nur Konzepte des menschlichen Geistes“. Die heutige Wissenschaftstheorie verlangt keine absoluten Beweise. Es gibt keine absolute Wahrheit.

Des Weiteren wurde die Entstehung von Arten und Unterarten sowie die verschiedenen Art- und Unterart-Konzepte besprochen. Wo Arten aufeinander treffen oder Arten noch nicht ganz getrennt sind, entstehen Hybridzonen. Dies ist in der Praxis oft schwierig bzw. nur mit hohem Aufwand zu erkennen. Die dort lebenden Individuen dürfen nicht mit den Variationen, die innerhalb einer Art (genetisch) oder aufgrund von Umweltbedingungen bestehen können, verwechselt werden !

Die Folge dessen, dass Lebewesen ein ererbtes genetisches Programm besitzen ist, dass Klassen von Lebewesen nicht primär aufgrund ihrer Ähnlichkeit zusammengestellt werden dürfen, sondern aufgrund ihrer gemeinsamen Abstammung. Für die Definition von Unterarten existieren unterschiedliche Definitionen, was letztendlich in der Taxonomie zu unterschiedlichen Ergebnissen führen und Synonyme produzieren kann.

Die Frage, ob man Unterarten nicht grundsätzlich lieber zusammenfasst und nur schmale Hybridzonen anerkennt, hätte allerdings zur Konsequenz, dass ein Teil der morphologischen Differenzen u. U. verloren gehen würde. Jede Unterart könnte auch der Vorläufer einer neuen Art sein ! Ferner ist zu bedenken, dass es Unterarten gibt, die „optisch“ kaum voneinander abweichen, genetisch jedoch sehr stark voneinander verschieden sind (bis zu 30 %).

Möglichkeiten der Klassifizierung (Zusammenfassung)

          Morphologische Bestimmung (Mündung, Schalenform usw.)

          Statistische Auswertung von

                Messwerten (möglichst viele; wie Höhe, Breite,  usw.)

                Zähl-Werten (Anzahl Windungen, Rippen)

                > Darstellung der Mittelwerte/Standardabweichung durch Plotter

          Qualitative Datenauswertung (Rippenstruktur usw.)

          Anatomie (Radula usw.)

          DNA Extraktion

        Ggf. Gegenprüfung mittels rRNA Sequenz

          Beurteilung von Verhaltensmustern der Tiere

          Lebensraum (Beschaffenheit, Lage usw.)

          Geographisches Gebiet (Aufnahme in der Fläche / Abgrenzung)

          Hybridzonen untersuchen

          Unterart: 75% müssen sich von anderen Populationen der Art unterscheiden (= 25 % Variation)

 

Künftig sollten die Unterschiede der einzelnen Arten aufgrund von Vergleichen ihrer DNA-Basensequenzen systematisch erarbeitet werden. Dies setzt jedoch eine Erkennung der Arten voraus  ! (Negativ-Beispiele:  Steinke 2004 und Groenenberg 2012 ).

Der DNA Abstand zu einer anderen Art kann kleiner sein, als die Variationsbreite innerhalb einer Art > eine Abgrenzung von Arten kann nur durch Abstände angegeben werden. Als Referenzpunkt wird irgend eine andere Art gewählt. Die Darstellung erfolgt mit Hilfe Pylogenetischer Bäume.

Doch auch nach einer DNA Untersuchung ist manchmal noch nicht klar ob es sich um unterschiedliche Arten/Unterarten handelt. Durch Kreuzungsversuche könnte dies geklärt werden, was in der Praxis bisher eher selten bei Mollusken angewendet wird oder praktisch kaum realisierbar ist.

Und wer Lust zum Nachlesen hat, hier einige Verweise auf die verwendete Literatur (teilweise frei im Internet verfügbar):

          Nachrichtenblatt der Ersten Voralberger Malakologischen Gesellschaft Nr. 8 (1-14), Dez. 2000

          A. Reischütz, Mollusca (Weichtiere), Artensteckbriefe Österreich

          Archiv für Molluskenkunde Vol 139 (2), Dez. 2010

          Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, Ernst Mayr, Ausgabe 2002, Springer Verlag

          The Family Chondrinidae, B. Kokshoorn & E. Gittenberger

          http://www.hnords.de/5356429d6b11adc0b/5356429da21430b01/index.html

          http://de.wikipedia.org/wiki/...

          Higher than anticipated diversity within an Albinaria species in southern Turkey. Journal of Biological Research-Thessaloniki 18: 345-352, 2012

          Analysis of Hybrid Zones, N. H. Barton, Ann. Rev. Ecol. Syst 16:113-48, England 1985

          „Evolution“, 2. Auflage 2013, Springer Verlag, Zrzavý, Burda, Storch, Begall, Mihulka

          Family Helicidae excluding Helicinae (Gastropoda Pulmonata): morphology, taxonomy, and a catalogue of taxa, A. A. SCHILEYKO, Ruthenica, 2013, vol. 23, No. 2: 127-162

          Multiple scale patterns of shell and anatomy variability in land snails: the case of the Sicilian Marmorana; VIVIANA FIORENTINO, GIUSEPPE MANGANELLI and FOLCO GIUSTI; 22 March 2007

          Berechnung phylogenetischer Bäume mit Distanzmaßen, WS 2004/2005, Klinger / Großmann

          Phylogenic relationship and species identification with the Naticidae, Thomas Hülsken 7/2008